Abifeier (Eric Nil)

 

 

 

 

In Deutschland wird durchschnittlich jede dritte Ehe geschieden. Patchworkfamilien sind inzwischen eine alltägliche Form des sozialen Zusammenlebens. Es könnte - zumindest für die "glücklich" getrennt und neu Verbundenen - alles so einfach sein, gäbe es im Leben eines Menschen nicht ab und an jene feierlichen Ereignisse, bei denen die Anwesenheit des leiblichen Elternpaares geboten zu sein scheint, bzw. einfach schön wäre: Hochzeit, Enkelkindtaufe, ... oder auch die Schulentlassfeier.

Der Ich-Erzähler in Eric Nils Roman "Abifeier" entfaltet ein herrlich buntes Tableau von Beziehungskonstellationen anlässlich des Abiballs seiner Tochter Nora, die nach der Trennung der Eltern zu ihrem Vater nach Hamburg gezogen ist, während ihre Mutter, Bea, mit Noras Bruder Alexander, der mit seinem Vater keinen Kontakt mehr wünscht, in Basel geblieben ist, der Autor eine neue Lebensgefährtin, Johanna, hat, deren ältester Sohn, Tobias, wiederum ein Mitschüler von Nora ist, also ebenfalls Grund zur Abifeier  und damit auch Grund hat, seinen Vater, Rolf, zu eben diesem Ereignis einzuladen. Puh!

Sehr leid tut einem der Mitschüler, der sich dummerweise bereit erklärt hat, die Tischordnung für den Abend zu organisierren. Ständig muss er Korrekturen vornehmen,  weil Konstellationen sich ändern.

Erzählt wird, was vor, während und nach dem Abiball mit diesen und noch weiteren Beteiligten geschieht. Wie sie abwägen, was der andere erwarten könnte, wie die andere sich verhalten könnte, was man tunlichst unterlassen oder auf jeden Fall anbieten sollte. Wie man's macht, man macht's verkehrt.

 

Der "Autor" bewahrt recht lange die Ruhe, vermittelt, arrangiert sich, will es allen recht machen, sich selbst aber auch, und gerät ganz schön unter Beschleunigung.

 

Nicht nur der Abiballabend, sondern alles um ihn herum wird für die Beteiligten zu einem Drahtseilakt (siehe Umschlagfoto). Den absolviert der Autor charmant und witzig, mit gutem Gespür für die Probleme, die sich auftun und die hier nicht klamaukig weggespaßt werden. Angenehme Lektüre!

 

PS: "Eric Nil" ist laut Buchumschlag "das Pseudonym eines bekannten Romanautors".

 Mir drängt sich da ein Name auf, der sich dahinter verbergen könnte. Um Ratewilligen nicht den Spaß zu verderben, habe ich meinen Tipp hier unten in den ersten Kommentar gepackt.

 

(Eric Nil: Abifeier. Roman: Galiani Berlin 2018)

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Doris Brockmann (Donnerstag, 15 Februar 2018 14:19)

    LINUS REICHLIN
    - Schweizer Autor
    - Galiani-Autor
    - Name = halbes Anagramm
    (Nil/Lin - Eric/Reic)

  • #2

    Die Buchbloggerin (Freitag, 16 Februar 2018 11:54)


    Ich habe ja viel spekuliert, aber auf Linus Reichlin wäre ich nie gekommen! Super!
    Mir hat die Lektüre auch viel Vergnügen bereitet.

    Viele Grüße,
    Friederike

  • #3

    Jeannette (Sonntag, 06 Mai 2018 17:48)

    Manchmal hat mich die Lektüre so gestresst, dass ich sie beiseite legen musste. Weil mir die Situationen so bekannt waren... hervorragendes Buch..amüsant und traurig in gleichen Teilen. Aber auf Linus Reichlin wäre ich auch nie gekommen. Toller Autor !
    Herzlich
    Jeannette

  • #4

    Doris Brockmann (Sonntag, 06 Mai 2018 19:12)

    Ist ja erstmal nur ein Tipp!
    Bislang gab es noch keine Bestätigung von maßgeblichen Stellen.
    Herzlich,
    Doris