"Brockmann lehrt, wie man" ... Heilige verehrt

Laut neuesten Umfragen im Bekanntenkreis verliert die schöne Tradition der Heiligenverehrung mehr und mehr an Bedeutung. Das ist nicht nur schade, sondern steht auch im Widerspruch zur wachsenden Anzahl der Heiligen (die komischen mal nicht mitgezählt).

Allein in diesem Monat wird die Liste um sechs Heilige erweitert. Am 23. November 2014 will Papst Franziskus vier Italiener und zwei Inder, darunter eine Frau, heilig sprechen. (Wenn das so weitergeht, können die ewigen Kritiker am Andro- und Eurozentrismus  der katholischen Kirche bald einpacken). Die gekürten zukünftigen Heiligen aus dem 13., 17. und 19. Jahrhundert haben, so heißt es, ein vorbildlich christliches Leben geführt, sind endgültig zu Gott aufgenommen und dürfen darob weltweit verehrt werden. Als zuvor nur selig Gesprochene durften sie bloß regional verehrt werden. Normalerweise bedarf es zur Heiligsprechung des Nachweises eines post mortem gewirkten Wunders. Aber dem Papst steht es frei, jemanden unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Nachweis eines Wunders heiligzusprechen - wie zuletzt im Fall Johannes XXIII. (1958-1963).


Natürlich ist die Heiligenverehrung kein Privileg der katholischen Kirche. Auch Protestanten kennen Heilige, z.B. die heilige Schrift. Sie kennen Namenspatrone, die ihnen als Prototypen christlichen Glauben gelten, nicht aber als Adressaten und Mittler von Bitten oder Wünschen. Da geht die katholische Kirche etwas weiter. Hier sind Heilige so eine Art Vertrauensleute zwischen Gott und Mensch, mit denen man auch mal einen Deal machen kann.

Ich erinnere mich, dass mein Großvater einmal seine Armbanduhr verloren hatte, die ihm in mehrfacher Hinsicht sehr viel bedeutete. In verzweifelten Situationen ist der hl. Judas Thadddäus der richtige Ansprechpartner. Er gehörte zu den Hausheiligen unserer Pfarrkirche. Mein Großvater sagte, wenn der hl. Judas Thaddäus dafür sorge, dass die Uhr wieder auftauche, bekäme er 20 DM. Die Uhr fand sich wieder und ich durfte vor der Holzfigur des Judas Thaddäus´ 200 Kerzen anzünden. Dafür brauchte ich drei Anläufe, denn einmal gab´s zu wenig Kerzen, beim zweitenmal zuwenig Platz. Drei Tage hochkonzentriert Kerzen anzünden, Aug in Aug mit dem mannshohen Heiligen, der tolle Sachen machen konnte, das hat micht tief beeindruckt.

 

Heiligenverehrung ist natürlich nicht nur ein Händel. Es ist Hinwendung zu einem Vorbild, dem man nacheifert, hinterherpilgert, nahe sein will. Man hängt zuhause Bilder von ihm auf, sammelt alles, was man über seinen Lieblingsheiligen oder über seine Lieblingsheilige in Erfahrung bringen kann, sucht Orte von ihnen auf, um ihre Gegenwart zu spüren, will Gegenstände (= Reliquien), wie z.B. ein Haar, einen Becher, ein Stück Stoff, von ihnen berühren oder gar besitzen, um ihre Gegenwart noch mehr zu spüren, und will im Grunde so sein wie sie da oben im Himmel.

Den Jüngeren unter uns ist das alles überhaupt nicht fremd. Es ist selbstverständlicher Bestandteil ihres Alltages, egal, ob die Heiligen nun Lady Gaga, Harry Potter oder Mario Götze heißen.

Und da sage noch einer, Heiligenverehrung sei Schnee von gestern.

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