Schriftstellerin

Heute wurde der  offene Brief an die ORF- und 3satÖsterreich-Sendeanstalten veröffentlicht, die mit der wunderbaren Bachmannpreis-Jurorin Daniela Strigl "unfein" (Strigl) verfahren sind. Den Brief mitzuunterzeichnen, war für mich eine Selbstverständlichkeit: Ich wertschätze die Arbeit von Frau Strigl hoch und verabscheue stillosen Umgang im menschlichen Miteinander. Nicht selbstverständlich war, wie ich unterzeichnet habe. Beim Kästchen "Beruf/Funktion" habe ich nach kurzer Überlegung "Schriftstellerin" eingetragen. Zum ersten Mal. Öffentlich. Mit großem Ernst. Und natürlich auch Scham.

Die Scheu, diese Berufsbezeichnung zu verwenden (und dann auch noch für sich selbst), hat vermutlich damit zu tun, dass sie weniger als ebensolche, sondern vielmehr als eine Art Ehrbezeichnung gebräuchlich ist. Tatsächlich hat mir an dieser Berufsbezeichnung immer gerade das darin anklingende Konkrete, Materielle, Handwerkliche gefallen: SchriftstellerIn ist eine Person, die Schrift stellt, Buchstaben in eine bestimmte Reihenfolge bringt, die neue Sinnzusammenhänge schafft.  Ich finde das eine gute und schöne Umschreibung. Sie kommt dem, wie ich meine Textarbeit verstehe, sehr nah. Dennoch habe ich auch diesen titulatorischen Anklang verinnerlicht und denke sogleich an Amtsanmaßung, wenn jemand sich Schriftsteller nennt, ohne zig Bücher und Literaturpreise vorweisen zu können.

 

Andreas Maier hat auf die Frage, ab wann man Schriftsteller sei bzw. sich so nennen dürfe, geantwortet: Wenn man ein Buch geschrieben und veröffentlicht hat. Ein richtiges Buch mit Deckel und Allem.  - Klare Ansage. Schau ich mich um, wie andere "literarisch Werktätige" sich bezeichnen, lese ich fast nur "Autor" bzw. "Autorin". Damit macht man nichts falsch und erweckt gewiss nicht den Eindruck von Überheblichkeit. Ein weiter Mantel, in den ich hineinschlüpfen kann, der passt, der mir aber nicht gefällt. Ob das mit meiner Aversion gegen das Autofahren zu tun hat, weiß ich nicht. Was ich weiß ist, dass mich dieses "selbst" und "eigen" stört, das in dem Ausdruck seinem Wortsinn nach steckt.

 

Die Scham ist noch nicht vorbei. Aber ich werde versuchen, an der mit der Unterschrift getroffenen Entscheidung festzuhalten. Ich will sie als Ansporn nehmen, als Vorsatz, als ein Versprechen, das ich mit jeder zu schreibenden Geschichte einzulösen versuchen werde. Ich werde dabei an den offenen Brief denken, an den Moment, als ich "Schriftstellerin" hingeschrieben habe, und an Frau Strigl, wissend, dass man ihr nicht mit schlechten Texten kommen darf.

 

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