Jenseits des Großburgwedels - 7

Eile ist geboten. Der (vermeintliche?) Bestseller entpuppt sich mehr und mehr als Shortseller.

Wenn auch die Anzahl der (sogenannten) Kundenrezensionen zu „Jenseits des Protokolls“ auf der Amazon-Produktseite weiter in nie geahnte und erreichte Höhen steigt – z.Zt. (12:47 Uhr) sind es 874 –, hat das Buch bereits seit Tagen keinen Platz mehr in den dortigen Top10 erreicht: Am Wochenende stand es im Ranking zwischen 20 und 25, heute morgen war es auf Rang 65 gefallen. Im Moment steht es wieder auf Platz 25.


Wir betrachten nun „Das Tattoo“ (Kapitel 8).

Das Beste an dem Tattoo von Frau Wulff ist, dass sie es auf dem Cover ihres Buches selbstbewusst präsentiert. Das Schlechte an dem Tattoo von Frau Wulff ist, dass es sowohl alles auch auch nichts bedeutet: „ (…) mein Tattoo ist keine Jugendsünde, sondern ich habe mich ganz bewusst dafür entschieden. Ich verbinde damit, dass ich etwas gemacht habe, was ich unbedingt machen und haben wollte. Es zeigt ein Stück Lebensgefühl. Ein Stück meiner Über­zeugung, wenn man so will, ein Stück meines Ichs“.

Alles okay, nichts gegen zu sagen. Nur, wenn dem Tattoo ein sol­cher Stellenwert beigemessen wird, dann möchte ich doch auch gerne ein bisschen beschrieben bekommen, für welche Überzeu­gung es steht, für welches „Stück Lebensgefühl“, für welchen Ich-Anteil. Aber im ganzen Tattoo-Kapitel findet sich keine einzige Be­merkung dazu. Mehr noch: Über den Symbolgehalt des in seiner Funktion für Frau Wulffs Persönlichkeit derart aufgeladenen Tri­bal-Motivs heißt es: „Das Tattoo hat keine bestimmte Bedeutung.“

Das verführt jetzt zu bösen Rückschlüssen im Hinblick auf die Überzeugung und das Lebensgefühl von Frau Wulff. Doch ich ent­halte mich. Ist eh schon genug Häme im Umlauf.

Allerdings erlaube ich mir eine Vermutung, nennen wir sie ruhig Unterstellung: Ich glaube, das Tribal bedeutet tatsächlich nicht viel. Die Tätowierung war ab irgendwann einfach „in Mode“, die Frau Wulff als jemand, die an Modedingen interessiert ist und viel Wert auf ihr Äußeres legt („Während ich zugegebenermaßen bereits mit 13 Jahren jeden Morgen vor dem Spiegel stand und mich schmink­te“), einfach mitmachen wollte. Wie ich darauf komme? Die zweite Hälfte des „Tattoo“-Kapitels ergeht Frau Wulff sich in Erläuterun­gen zu ihrem „Kleidungsstil“, „Erscheinungsbild“, ihrer „Designe­rin“, ihren „Lieblingsläden“, „ihrer Frisur“, etc. Was haben die da zu suchen?

Es gibt nicht viel zu sagen zu diesem ach so vieldiskutierten, ach so bedeutungsvollen, ach so banalen Tattoo.

 

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