Kuranstalt. Dokumentationsroman einer Maßnahme - 3

Fahrt


Im Unterschied zu der Strecke, die Hans Castorp zurücklegen musste, um zum angezielten Sanatorium zu gelangen, ist meine we­der weit noch „geht (es) durch mehrerer Herren Länder, bergauf und bergab.“ Dafür geht es nach gut einer Stunde Fahrt mit der NordWestBahn durch mehrere Dortmunds: DortmundBövinghau­sen, DortmundLütkendortmundNord, DortmundMarten, Dort­mundRahm, DortmundHuckardeNord, dass ich mich bald ernsthaft frage, ob wir je ein DortmundHauptbahnhof erreichen werden. Ach, tatsächlich, da ist es ja: Alle Fahrgäste bitte aussteigen, der Zug endet hier.

Dann weiter mit dem ICE Richtung München. Doch halt: Für mich geht es nur bis Altenbeken. Da heißt es umsteigen, denn ich will ja nicht nach Bayern, sondern nach Niedersachsen/Ecke Nord­rhein-Westfalen. In Altenbeken mache ich schnell ein Foto von der altein­gesessenen Bahnhofsgaststätte, um damit Jan Wiele zu überra­schen, der vor Jahren einen sehr schönen Artikel über dieses urige Lokal geschrieben hat, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint (so etwa bei den fünfziger Jahren). Und als ich das Foto mache, sehe ich direkt neben der Gaststätte, die zugleich auch ein herrlich persönliches und hektikfreies Bahn-Reisezentrum ist, einen Schaukasten, in dem Samsung auf einem feuerroten Plakat ein „Os­terschnäppchen“ anpreist. Ja, hier hetzt keiner, hier laufen die Uh­ren anders. Möglicherweise würde mir ein Verkaufsagent des Mo­bilfunkbetreibers, wenn ich heute, am 19. Juli das Osterschnäpp­chen einfordern wollte, zunächst mit hochgeschobenen Augenbrau­en antworten, kurz darauf aber die Frage stellen: „Parole?“ Und ich würde sagen: „Altenbeken!“ - und bekäme das Osterschnäppchen.

 

Aber ich bin ja in anderer Mission unterwegs: Ich will nach Bad Pyrmont.

Da geht es auch ganz schnell hin.

Schon bin ich da und werde sodann von einem Taxifahrer mit be­eindruckender Stadtführerambition in die Kurklinik gefahren, die auf einer kleinen Anhöhe liegt – nichts im Vergleich zur Höhenlage von „Davos-Platz im Graubündischen“.

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Naphta (Freitag, 20 Juli 2012 09:36)

    Also, das hätte ich jetzt nicht gedacht, dass es soooooo schnell "Nachrichten" gibt.

  • #2

    Doris B./Hans C. (Freitag, 20 Juli 2012 11:22)

    Lieber Naphta, schön dass Sie mein Blog im Blick haben. Ja, ich habe gestern eine kleine Nachtschicht eingelegt, um "am Ball zu bleiben" - asketische Härte gegen sich selbst ist ja ein Ihnen wohlvertrautes Prinzip. Allein Ihre extreme Anarcho-Haltung und dann auch noch ein "Gottesstaat", puh, also ich weiß nicht. Da muss ich noch viel drüber nachdenken.
    Herzlich grüßt Doris B./Hans.C