Kuranstalt. Dokumentationsroman einer Maßnahme - 2

Fort - Da


Es gibt solche, die sind im Reisen zuhause, und solche, die sind im Zuhause zuhause. Ich bin irgendwo dazwischen. Auf einer Skala von 1 (Zuhause) bis 10 (Reisen) liege ich ungefähr bei 4-5, vielleicht sogar bei 3-4. Tendenz steigend, d.h. fallend.

Es ist mir nicht wirklich unangenehm, drei Wochen lang von zuhause weg zu sein. Aber ich schätze mein Zuhause sehr und kann mir viele schöne Sachen vorstellen, die ich dort in den kommenden drei Wochen machen könnte. Sicher werde ich auch in Bad Pyrmont 21 lange Tage schöne Sachen machen können, aber das ist nicht dasselbe

 

Ich glaube ich bin ein Höhlenmensch. So gerne ich mit Menschen zusammenkomme, so gerne führe ich auch das Leben einer/s hermits. Damit meine ich nicht den Supercomputer gleichen Namens, sondern den gemütlichen Zurückgezogenen, der keine Angst hat, mit sich zu sein. Bin ich außerhalb der Höhle, nehme ich einfach nur wahr, sauge auf, wundere mich, wo die vertrauten Strukturpläne sich versteckt haben, mit denen ich normalerweise meinen Alltag organisiere. Ich werde mir fremd in der Fremde. Vielleicht ist das ja der Sinn der Sache

 

Mein Lieblingskleidungsstück ist die Jacke. Sie ist so etwas wie die Höhle zum mitnehmen. Sie hüllt mich ein, schützt und hält in ihren Taschen alles bereit, was ich an Wichtigem in ihr deponiert habe. Ich werde mir vor der Abfahrt eine dicke Jacke anziehen. Dann werde ich muggelig in das Staatsbad Pyrmont fahren und denken: Mensch, Peter der Große ist dorthin gefahren und der Freiherr von Knigge, Samuel Hahnemann, Goethe und Lessing, Grete Weiser und Fritz Muliar, und und und, Heinz Erhardt hat dort seinen letzten Film gemacht und Annette Humpe ihr Abitur. Kann doch nicht so schlimm sein, dort.

 

 

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