Kuranstalt. Dokumentationsroman einer Maßnahme -1

Kur – Reha


Ich fahr zur Kur.

Genau genommen tu ich das aber nicht. Denn es heißt nicht mehr Kur, sondern “stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitati­on“ – so wie Raider jetzt Twix heißt. Und obwohl mich die versi­cherungsdeutsch correct Speakers ständig korrigieren, mag ich ein­fach nicht Reha sagen. Ich bleibe bei Raider!
Vielleicht zeigt sich daran, dass ich tatsächlich älter bin, als ich im­mer dachte, aber man kann doch nicht jeden neumodischen Quatsch mitmachen.

„Kur“ – das hat so etwas Anheimelndes, da denke ich an große Sei­denhüte, jugendstilige Heilwasser-Trinkhallen, Kafka, Settembrini, Madame Chauchat, Sissi, undsoweiter undsofort. „Kur“, da glaube ich noch, dass es mir danach besser gehen könnte.

Bei „Reha“ fühl ich mich wie frisch operiert oder verunfallt, oder als hätte man mir übel nachgeredet und dann steht morgens in der Zeitung: „Gegen-“, nein, „Richtigstellung: Doris Brockmann hat ihrem Sitznachbarn gar nicht sein Reiseei geklaut. Wie er jetzt zu­gab, hatte er es selber gegessen, dies aber wegen seines schlimmen Reisefiebers zunächst vergessen.“ Bei „Reha“ kann ich nicht an et­was kuschelig Wohltuendes denken. Da fallen mir nur so Sachen ein, wie kalter Maschinenraum, Sanitätshausinventar und kasernen­hofharte Trainingseinheiten mit lautem: „Yes, Sir!/No, Sir!“


Und abgesehen davon: Muss es angesichts des versicherungstech­nisch korrekten Twix jetzt etwa auch Rehakonzert, Rehaschatten, Rehapro­menade, Rehakapelle, gar Rehapfuscher heißen???

Wie soll man sich da erholen?

 

 

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